Bei der Arbeitsgestaltung muss der Arbeitgeber nach dem TOP-Prinzip eine bestimmte Reihenfolge von Schutzmaßnahmen einhalten. Zunächst sind technische Maßnahmen (T) zu ergreifen. Der Arbeitsplatz hat also so gestaltet zu sein, dass Gefahren möglichst gar nicht erst entstehen. Auf organisatorischer (O) Ebene kann dann beispielsweise durch Job Rotation eine Entlastung der Mitarbeitenden erzielt werden. Bleiben nun noch unvermeidbare Gefahren und Belastungen übrig, muss auf persönlicher (P) Ebene nachgebessert werden. Hierzu zählt zum Beispiel Schutzkleidung. Ein Exoskelett kann über die rechtlichen Mindestvorgaben hinaus weitere ergonomische Optimierungen ermöglichen.
Eine Optimierung der Arbeitsplatzergonomie ist in jeglichen körperlich belastenden Berufsfeldern – allen voran in Produktion und Logistik – einer der dankbarsten Hebel zur körperlichen Entlastung der Mitarbeitenden. Das hat einige positive Effekte zur Folge: darunter vor allem weniger Ermüdungserscheinungen.
Mehr Arbeitsplatzergonomie bedeutet im Kern eine Optimierung der Mitarbeitergesundheit und Zufriedenheit mit ihren, auf lange Sicht, positiven Auswirkungen des Kosten-Nutzen-Verhältnisses auf Personalebene.
Dabei geht es einerseits um die um die körperliche Leistungsfähigkeit, die damit gleichermaßen länger aufrechterhalten werden kann, als auch positive Auswirkungen auf die Konzentration. Dies vermag das Fehlerpotenzial zu reduzieren und somit die Arbeitsqualität zu erhöhen. Zudem steigt auch die subjektive Zufriedenheit der Mitarbeitenden, was sowohl für die Anwerbung als auch für das Halten von Personal aus HR-Perspektive erheblich an Bedeutung gewinnt.
Das TOP-Prinzip ist eine zentrale Maßgabe, die sich indirekt aus dem §4 Arbeitsschutzgesetz ergibt und eine bestimmte Reihenfolge von Schutzmaßnahmen bedingt. Die Abkürzung TOP schlüsselt sich dabei folgendermaßen auf:
Die Reihenfolge der Schutzmaßnahmen folgt der rechtlichen Vorgabe, nach der Risiken vom Arbeitgeber direkt an ihrer Quelle entschärft werden müssen. Die Quelle kann das Lager, das Fertigungsband oder eine andere Art von Werkbereich und die zugeordneten Werkzeuge sein. Diese Rahmenbedingungen müssen zuerst optimiert werden. Das heißt vereinfacht zum Beispiel, dass ein Förderband auf ergonomischer Höhe positioniert wird. Danach folgen Organisationsmaßnahmen, wie beispielsweise Job Rotation an unterschiedlich belastenden Arbeitsstätten. Erst danach wird auf persönlicher, individueller Basis angesetzt. Hier kommt die Nutzung von Exoskeletten ins Spiel.
Auf der persönlichen Ebene liegt einiges an weiterem Potenzial für die Arbeitsplatzergonomie. Das gilt besonders, wenn technische und organisatorische Maßnahmen nicht umsetzbar oder nicht weiter optimierbar sind.
Mit der Ermöglichung ergonomischer Körperhaltungen durch die Arbeitsplatzgestaltung lassen sich Zwangshaltungen und ermüdende Bewegungen zwar theoretisch vermeiden, praktisch ist das aber nicht immer zufriedenstellend umsetzbar. Bspw. muss im Automotive Sektor bei der Montage am Unterboden eines Fahrzeugs Überkopf gearbeitet werden. Es ist hier nicht möglich, das große Werkstück auf die Seite zu legen und ergonomisch vor Mitarbeitenden zu positionieren. Das gilt umso mehr, je größer, schwerer und unhandlicher die Produkte werden.
Als Extrembeispiel: Während Elektrokleingeräte manuell gedreht werden können, ist das mit einem landwirtschaftlichen Fahrzeug, wie einem Mähdrescher ausgeschlossen.
Die technische Ebene des TOP-Prinzips kann also an Grenzen stoßen. Im genannten Beispiel kann durch ein Exoskelett die Überkopfarbeit deutlich erleichtert werden. Die Zwangshaltung führt sonst schnell zu Ermüdung und Verspannung der Arme und der Schultern. Das Exoskelett stützt das Heben mit aktiver oder passiver Kraftwirkung nach oben und sorgt so für konzentrierte und saubere Arbeit über den gesamten Arbeitszeitraum.
Auch organisatorisch können Maßnahmen verwirklicht werden, wenn die technische Ebene ausgeschöpft ist. Es wird geprüft, wie die Belastung des einzelnen Arbeitnehmers reduziert werden kann, indem die Tätigkeit zum Beispiel zeitlich begrenzt oder personell erweitert wird. Möglichkeiten sind längere Erholungspausen, Job Rotation oder mehr Personal für einzelne Arbeitsschritte. Allerdings sind die Ressourcen an Mitarbeitenden häufig knapp und Job Rotation auch von Mitarbeitenden nicht immer gewünscht oder umsetzbar.
Wenn die Analyse zeigt, dass der Arbeitsplatz nicht umgebaut werden kann und die Arbeit sich auch nicht besser organisieren lässt, können Exoskelette genutzt werden, um Belastungen zu reduzieren. Ob sich eine Tätigkeit oder ein Arbeitsplatz dafür eignet, kann durch einen erfahrene Ergonomen bewertet werden. Selbst wenn andere Maßnahmen wie die Erhöhung der Personaldichte oder aufwendige Umbaumaßnahmen an Produktionsanlagen möglich sein sollten, müssen diese nicht immer die beste Option sein. Die Optimierung der Arbeitsgestaltung auf persönlicher Basis durch ein Exoskelett kann eine ökonomisch sinnvolle Maßnahme sein, mit der eine bessere Ergonomie und Mitarbeiterzufriedenheit erreicht werden kann.
Job Rotation, gesteigerte Personaldichte, technische Umbaumaßnahmen und vieles mehr stoßen bei der Optimierung von Prozessen und Arbeitsplatzgestaltung häufig an harte Grenzen. Es kann an praktischer Umsetzbarkeit oder den Kosten scheitern. Auf persönlicher Ebene bestehen aber effektive Hebel. Mit der Nutzung von Exoskeletten lassen sich etwa in Produktion und Logistik große Erfolge verwirklichen. Das gilt für sicheres, sorgfältiges und produktives Arbeiten, wie für die nach HR-Gesichtspunkten immer wichtigere Zufriedenheit der Mitarbeitenden.